An dieser Stelle informieren wir Sie seit Januar 2011 über Neuigkeiten aus Brasilien und Deutschland. Informationen aus der Zeit davor finden Sie in unserem
alten Blog. Wenn Sie Portugiesisch sprechen finden Sie zudem Informationen im Blog von
Grupo Ruas e Pracas.
"Dia da Consciência Negra" - Integration geglückt?
Laura hat den jährlichen Gedenktag des schwarzen Bewusstseins, der auf den Tod des Sklavenführers Zumbi dos Palmares zurückgeht, in Brasilien miterlebt.
Sie verbringt ein dreimonatiges Praktikum bei unserem Partner Grupo Ruas e Praças in Recife und betreut die Kinder und Jugendlichen auf dem Kinderhof sowie auf den Straßen und Plätzen Recifes. Laura erzählt von ihrer Arbeit mit den Straßenkindern und wie sie es schafft, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
Es ist Freitag, Elias, André und Pedro sind gekommen, duschen erst einmal und setzten sich dann hungrig an den Tisch. Freitags ist Renunião, eine Art Versammlung. In wenigen Tagen ist Dia da Consciencia Negra, der Tag des Bewusstsein der Schwarzen. Die meisten Straßenkinder sind schwarz, die Farbe der Armut in diesem reichen Land ist mehrheitlich schwarz. Erst 1888 wurde die Sklaverei in Brasilien abgeschafft, mehr als 20 Jahre nachdem sie in den USA abgeschafft wurde. Schaut man Fernsehen, sei es Telenovelas oder Nachrichten, sind fast alle weiß. Schwarz sind nur die Hausangestellten der Reichen in den Telenovelas.
Tonho hat einen Text mitgebracht, den Elias vorliest. Er liest fließend und hat keinerlei Schwierigkeiten mit langen, Wörtern. Der Text handelt vom Dia da Consisciencia Negra, der gleichzeitig der Todestag von Zumbi dos Palmares ist. Zumbi dos Palmares war der letzte Anführer von Palmares, einer Siedlung von freigeborenen und entflohenen Sklaven, die Plantagen und Dörfer der Portugiesen überfielen und die dortigen Sklaven befreiten. 1694 zerstörten die Portugiesen die Siedlung und versklavten deren Bewohner erneut. Zumbi dos Palmares, der zunächst fliehen konnte, wurde am 20. November 1695 hingerichtet.
“Seid ihr schwarz?”, fragt Tonho die vier Jungen. Alle verneinen. “Nein, wir sind moreno.” Sie sind braun, nicht Schwarz. ”Es gibt aber nur schwarz und weiß”, sagt Tonho. Er beginnt die Geschichte von Zumbi dos Palmares zu erzählen, erzählt von der Sklaverei. “Warum sollen Menschen anders sein, nur weil sie schwarz sind?”, fragt er in die Runde.
Wir reden über die Dinge in der brasilianischen Kultur, die ihren Ursprung in Afrika haben. Gerichte, Tänze, Musik. Und es gibt vieles! Tapioka, Cocada, Feijoada, Acarajé, Passoca, Capoeira, Coco, Frevo und Maracato. Schließlich fordert Tonho die Jungen auf, die Dinge zu zeichnen. Vanderson mal ein Birimbao und ein Tamburim, verschiedene Gerichte und einen Mestre de Capoeira.
Schließlich fragt Tonho erneut: “Bist du schwarz?” Elias antwortet: “Mehr oder weniger.” André bleibt dabei, moreno zu sein, nur Vanderson sagt voller Ueberzeugung: “Ich bin schwarz.”
Elias hat ein Haus gemalt, ein Haus in dem der Schwarze wohnt. Tonho lässt ihn sein Bild erklären. “Todos somos negro (Wir sind alle schwarz)”, sagt Elias. “Und sie, ist sie auch schwarz?”, fragt Pedro und zeigt auf mich. “Die Deutschen, sind die schwarz?” “Wir sind alle gleich”, verbessert Tonho Elias und Elias nickt.
Auch wenn Elias nur “mehr oder weniger schwarz” ist und André weiterhin “moreno”, hat diese Reunião die Jungen doch dazu gebracht, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. In ihrem Alltag werden sie ihrer Hautfarbe wegen diskriminiert, als “schwarz” angesehen. Sie selbst entwerfen für sich eine dritte Kategorie: Moreno. Es ist die klassische Abgrenzung, der Versuch, sich durch etwas von der Gruppe abzuheben. Von einer Gruppe, von der man weiß, dass sie diskriminiert wird. Der Dia da Consciencia Negra hat eine große Bedeutung, denn Rassismus ist und bleibt ein Thema, mit dem sich jeder auseinandersetzen muss. Doch: Todos somos iguais, wir sind alle gleich.